1
2
3
4
5
6

Dieser Blogbeitrag vergleicht das Human-Centered Design (HCD) mit dem Value Sensitive Design (VSD) hinsichtlich Methoden und Ziele in der nutzerzentrierten Technologiegestaltung. Während das VSD den Fokus auf die Integration ethischer Prinzipien und die Bewältigung von Wertekonflikten legt, betont das HCD die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Nutzer:innen im gesamten Entwicklungsprozess. Die Integration beider Ansätze kann zu einer ganzheitlichen und werteorientierten Produktentwicklung führen, die sowohl die Bedürfnisse als auch ethische Aspekte berücksichtigt.

Bei der Produktentwicklung gibt es zahlreichen Herausforderungen, u.a. die anwendungsfreundliche Gestaltung und die Berücksichtigung der Nutzer:innen. Im Beitrag vergleichen wir zwei Ansätze, wie diese Aspekte umgesetzt werden können: das Human-Centered- und das Value Sensitive Design. Beide stellen den Menschen in den Mittelpunkt des Gestaltungsprozesses, unterscheiden sich jedoch in ihrer Herangehensweise und den zugrunde liegenden Prinzipien.

Fokus Mensch: Human-Centered Design

Gestaltung nach dem Human-Centered Design (HCD) Ansatz berücksichtigt Bedürfnisse und Anforderungen der Nutzer:innen über den gesamten Entwicklungsprozess hinweg [4]. Ziel ist es, Produkte und Anwendungen zu gestalten, die einfach zu bedienen und intuitiv verständlich sind. Durch die kontinuierliche Einbindung der Nuterzer:innen Perspektive und die Evaluation des Designs wird die Entwicklung nutzerfreundlicher Produkte gewährleistet [4] [5]. Andersherum, entsprechen diese nicht den tatsächlichen Bedürfnissen der Benutzer:innen, sind Produkte weniger erfolgreich und Nachbesserungen nach der Markteinführung können notwendig werden [6].

Der HCD Ansatz gliedert sich in einen vierstufigen Prozess, welcher iterativ durchgeführt wird [4]:

  1. Beschreiben des Nutzungskontextes: Erfassung relevanter Informationen zum Anwendungskontext und der Bedürfnisse von Benutzer:innen.
  2. Festlegen der Nutzungsanforderungen: Ableitung von Anforderungen basierend auf Schritt 1.
  3. Entwurf entsprechender Gestaltungslösungen, welche den Anforderungen entsprechen und durch Anwendungsszenarien konkretisiert werden.
  4. Evaluieren der Gestaltungslösungen mit Benutzer:innen, um kontinuierliche Verbesserungen zu ermöglichen.

Werte in der Entwicklung: Value Sensitive Design

Das Value Sensitive Design (VSD) geht über die reine Benutzer:innen zentrierte Gestaltung hinaus und integriert ethische Prinzipien in den Designprozess [1]. Ziel ist es Technologien zu entwickeln, die nicht nur funktional sind, sondern auch mit den Werten und Überzeugungen von verschiedenen Stakeholdern im Einklang stehen. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, Wertekonflikte zu identifizieren und entsprechende Lösungen zu entwickeln [2].

Das VSD schlägt 13 ethische und menschliche Werte vor: Wohlergehen, Privatsphäre, Vertrauen, Informed Consent, Rechenschaftspflicht, Autonomie, Besitz & Eigentum, Vorurteilsfreiheit, Nutzbarkeit, Identität, Nachhaltigkeit, Ruhe, Höflichkeit [2]. Diese Werte können als eine Orientierung dienen, müssen jedoch nicht in den jeweiligen Anwendungskontexten auftreten oder zusätzliche Werte kristallisieren sich heraus [2].

Ein wichtiges Element des VSD ist die tripartide Methode, welche drei Phasen umfasst: die konzeptuelle, empirische und technische Phase [3]. In diesen Phasen werden menschliche Werte systematisch über den gesamten Designprozess hinweg betrachtet, um sicherzustellen, dass die entwickelten Technologien ethische Grundsätze respektieren ([3], siehe auch früherer Blogartikel hier).

Die beiden Ansätze im Vergleich

Sowohl beim Human-Centered Design als auch beim Value Sensitive Design geht es darum Technologien zu entwickeln, die den Bedürfnissen und Werten der Nutzer:innen entsprechen. Obwohl sie ähnliche Ziele verfolgen, unterscheiden sie sich in ihrer Herangehensweise und Schwerpunkten.

Das Human-Centered Design legt den Fokus auf die Gebrauchstauglichkeit und die Usability der Produkte [4]. Durch die intensive Einbindung der Nutzer:innen in den Designprozess werden Produkte geschaffen, die intuitiv nutzbar sind [4]. Der Prozess des HCD zielt darauf ab, die Bedürfnisse und Anforderungen der Benutzer:innen von Anfang an zu verstehen und diese in allen Phasen der Produktentwicklung zu berücksichtigen. Durch den kontinuierlichen Austausch mit den Nutzer:innen wird sichergestellt, dass das Produkt ihren Erwartungen entspricht und ihre Bedürfnisse erfüllt [4].

Im Gegensatz dazu betont das Value Sensitive Design die Integration ethischer Prinzipien im gesamten Designprozess [1]. Neben der Usability wird auch darauf geachtet, dass die entwickelten Technologien mit den Werten und Überzeugungen der Stakeholder im Einklang stehen [2]. Die tripartide Methode des VSD ermöglicht eine systematische Analyse ethischer und menschlicher Werte, um sicherzustellen, dass die entstehenden Technologien nicht nur funktional sind, sondern auch ethische Grundsätze respektieren [3].

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Ansätzen liegt in ihrer Herangehensweise an die Produktentwicklung. Während das HCD einen vierstufigen Prozess vorschlägt [4], bietet das VSD eine umfassendere methodische Struktur, die die Berücksichtigung ethischer Werte sicherstellt [3].

Fazit

Dieser Blogbeitrag vergleicht die beiden Ansätze: Human-Centered Design (HCD) und Value Sensitive Design (VSD) in Bezug auf ihre Methoden und Ziele. Während das VSD den Fokus auf die Einbeziehung von Werten und den Umgang mit Wertekonflikten legt, konzentriert sich das HCD auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Nutzer:innen über den gesamten Entwicklungsprozess hinweg. Durch die Kombination beider Ansätze können Unternehmen eine ganzheitliche und werteorientierte Produktentwicklung erreichen, die sowohl die Bedürfnisse der Nutzer:innen als auch ethische Aspekte berücksichtigt.

Referenzen

[1] Jacobs, M., & Jacobs, S. (2022). Value Sensitive Design in der digitalen Transformation. HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, 59, 512-524. https://doi.org/10.1365/s40702-022-00852-1

[2] Friedman, B., & Kahn, P. H., JR. (2003). Human values, ethics, and design. In J. Jacko und A. Sears (Hrsg.), The Human-Computer Interaction Handbook (S. 1177-1201). Lawrence Erlbaum Associates.

[3] Friedman, B., Kahn, P., & Boring, A. (2002). Value sensitive design: Theory and methods [Technischer Bericht]. 0-12-01.

[4] DIN e.V. (2020). DIN EN ISO 9241-210:2020-03. In DIN e.V. (Hrsg.), Ergonomie der Mensch-System-Interaktion – Teil 210: Menschzentrierte Gestaltung interaktiver Syteme (ISO 924-210:2019). Beuth-Verlag.

[5] Melles, M., Albayrak, A., & Goossens, R. (2020). Innovating health care: key characteristics  of human-centered design. International Journal of Quality in Health Care, 33(S1), 37-44. https://doi.org/10.1093/intqhc/mzaa127

[6] Nguyen, H. N., Lasa, G., Iriarte, I., Atxa, A., Unamuno, G., & Galfarsoro, G. (2022). Human centered design for advanced services: A multidimensional design methodology. Advanced Engineering Inforamatics, 53, 101720. https://doi.org/10.1016/j.aei.2022.101720


27.03.24

1
2
3
4
5
6
 
Das Mittelstand-Digital Netzwerk bietet mit den Mittelstand-Digital Zentren und der Initiative IT-Sicherheit in der Wirtschaft umfassende Unterstützung bei der Digitalisierung. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren von konkreten Praxisbeispielen und passgenauen, anbieterneutralen Angeboten zur Qualifikation und IT-Sicherheit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ermöglicht die kostenfreie Nutzung der Angebote von Mittelstand-Digital. Weitere Informationen finden Sie unter www.mittelstand-digital.de.