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Der Bedarf nach besserer Software-Usability ist da. Was also behindert die Entwicklungen in Deutschland? 7 Probleme, 7 Zitate aus der Praxis, 7 Auswege.

„Gut bedienbare Software führt zu besseren Produkten“, erklärt Professor Dr. Michael Woywode vom Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim. „Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt die Usability der Software bereits ein wesentliches Kaufkriterium da. Denn die Unternehmen sind nur so gut, wie ihre Werkzeuge.“ Doch obwohl das eigentlich niemand bezweifelt, zeigen die Ergebnisse der Studie „Gebrauchstauglichkeit von Anwendungssoftware als Wettbewerbsfaktor für kleine und mittlere Unternehmen“, dass die Usability aktueller Software deutlich schlechter beurteilt wird, als etwa die technische Leistungsfähigkeit. Verschiedene Probleme stehen der Verbreitung des Themas im Weg. Doch es gibt auch erste Lösungen.
 
Problem 1: Kundenerwartungen in Bezug auf Usability werden nicht erfüllt.
Obwohl ein immer größeres Interesse am Thema Usability zu beobachten ist, sind mittelständische Kunden häufig unzufrieden mit der Usability aktueller Softwarelösungen. 
 
Ein Softwarehersteller: „Der Zeitgeist ist halt so: Immer ungeduldigere Menschen, wollen keine Anleitungen mehr lesen. Diese Benutzer brauchen vereinfachte Produkte. Komplexe Anwendungen haben gar keine Chance mehr.“
 
Ausweg: Bindet man Anwender stärker ein, beteiligt den zukünftigen User an der Entwicklung, schätzen die später die Usability der Produkte deutlich höher ein. Das ist kostengünstig, kundennah und vermeidet Fehlentwicklungen.
 
Problem 2: Man will, aber kosten soll es nichts.
Bisher nutzen viele Firmen weder Usability-Methoden zur Erhöhung der Nutzerorientierung noch spezielle Tools oder Praktiken; auch mit der Einrichtung von Budgets und Stellen ist man eher zurückhaltend.
 
Ein Softwarehersteller: „Das ist ganz klar: Anwenderzufriedenheit ist der absolute Schlüssel zum Erfolg. Und gerade bei der Produktgestaltung muss man halt da einen größten Schwerpunkt auch drauf legen.“
 
Ausweg: Da Usability ein wesentliches Kaufkriterium geworden ist, können Investitionen in eine hohe Usability zu Differenzierungsvorteilen gegenüber Wettbewerbern im Bereich Anwendungssoftware führen.
 
Problem 3: Erfolg braucht Kennzahlen.
Knapp 60% aller befragten Unternehmen geben an, dass sie explizit Software mit hoher Usability herstellen wollen, aber nur 4% haben Kennzahlen entwickelt, um die Usability ihrer Software zu messen und zu überprüfen.
 
Ein Softwarehersteller: „Ich hab einige wissenschaftliche Ansätze gesehen, wie ich Usability messbar mache. Mich hat keiner überzeugt.“
 
Ausweg: Wer mit Usability-Kennzahlen arbeitet, hat deutlich bessere Ergebnisse. Erst die formale Verankerung gibt dem „neuen“ Thema innerbetriebliche Relevanz.
 
Problem 4: Gewusst wie.
In vielen Organisationen ist das Wissen um Usability relativ gering, obwohl sich gezeigt hat, dass vorhandenes Expertenwissen die Usability der Produkte positiv beeinflusst.
 
Ein Softwarehersteller: „Man hat die Gestaltung der Software Ingenieuren überlassen, und so sieht die heute halt auch aus. Das ist, als würde man den Maschinenbauern die Gestaltung des Autos überlassen.“
 
Ausweg: Der Aufbau von Expertenwissen im Unternehmen ist ein wichtiges Werkzeug, die Verbreitung des Themas in der Organisation zu verankern. Bis es soweit ist, können Dienstleister helfen. Nicht nur dabei, kurzfristige Lösungen zu finden, sondern auch als Lieferanten von Expertenwissen.
 
Problem 5: Gewusst wo.
Nur 8% der Softwareproduzenten im Mittelstand wissen, wo Usability-Experten zu finden sind und welche Leistungen sie anbieten. Viele KMUs vertrauen eher etablierten Beziehungen zu Dienstleistern und lassen sich allenfalls von diesen von der Bedeutung eines neuen Themas überzeugen.
 
Ein Softwarehersteller: „Wir haben stundenlang recherchiert und dann die UID und ERGOSIGN usw. gefunden. Die waren ja vor einigen Jahren noch viel schwerer zu finden, als heute.“
 
Ausweg: Durch eine systematische Erfassung von Dienstleistern und Experten und eine einheitliche Beschreibung der von ihnen angebotenen Leistungen können KMU bei der Wahl geeigneter Partner unterstützt werden. Die Dienstleiter selbst können Kunden durch angepasste Sprache, klar definierte Produkte, Einstiegsangebote und Kooperationen untereinander den Markteinstieg erleichtern.
 
Problem 6: Gatekeeper Geschäftsführung.
Viele Geschäftsführer von KMUs nehmen Usability nicht als relevant für ihren Erfolg wahr. Das ist problematisch, weil sie im Unternehmen eine Gatekeeper-Funktion haben, wenn es um die Verankerung in organisationalen Strukturen in Form von Budgets, Stellen und Zielen geht.
 
Mitarbeiter einer Beratungsfirma: „Es ist manchmal echt schwer zu erklären, warum es nicht nur um das Funktionieren geht, weil es dann heißt, wir haben schon immer so gearbeitet und wir haben das schon immer so verkauft und wieso sollen wir das jetzt anders machen.“
 
Ausweg: Leistungsangebote wie Schulungen, Beratungen oder Services müssen den KMUs so angeboten werden, dass sie deren Bedürfnissen und Wissenstand entgegenkommen und auch beauftragt werden (können). Weiterhin ist es hilfreich, wenn von Kundenseite Usability weiterhin konsequent nachgefragt wird. Der Druck vom Kunden bringt Geschäftsführer häufig schnell zum Umdenken.
 
Problem 7: Gewusst wer.
Für viele Mittelständer ist es schwer, Mitarbeiter mit Usability-Know-How zu finden. Nur gut 8% der Softwarehersteller kennen Hochschulen und Akademien, die sich auf Usability spezialisiert haben.
 
Ein Softwarehersteller: „Der Hintergrund ist meistens irgendwie Psychologie, Informatik, Ingenieurswissenschaften so die Ecke, vielleicht auch Informationswissenschaft und so und in seltenen Fälle Design.“
 
Ausweg: Investition in Forschungsstellen, um Studierende besser zu qualifizieren. Durch Kompetenzzentren das Hochschulwissen an die KMUs bringen. Professor Dr. Michael Woywode: „Die Berufschancen für Absolventen mit Usability-Know-How sind besser denn je. Es gilt nun, Ausbildung, Arbeitsmarkt und Unternehmenskultur besser aufeinander abzustimmen.“

05.11.13

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