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In diesem Gastbeitrag erfahren Sie, wie eine erfolgreiche Integration von UX-Design in Scrum-Prozesse aussehen kann. Dominique Winter von "Die Produktwerker" stellt die Best Practices und Herausforderungen einer effektiven Integration von UX in der agilen Welt vor.

Einleitung

In der modernen Softwareentwicklung spielen sowohl Scrum als auch User Experience (UX) eine entscheidende Rolle. Scrum ist ein weit verbreitetes agiles Framework, das zur effizienten Umsetzung von Produkten und Projekten beiträgt, während UX darauf abzielt, ein optimales Nutzungserlebnis für Anwender*innen zu schaffen. Beide Disziplinen haben das Potenzial, die Qualität und den Erfolg von Softwareprodukten erheblich zu steigern.

Trotz ihrer Bedeutung wird die Integration von UX in Scrum leider häufig vernachlässigt. Bei der Einführung von Scrum liegt der Fokus oft auf technischen Aspekten und organisatorischen Veränderungen, während der Gestaltungsaspekt der UX-Designs in den Hintergrund rückt. Dabei ist eine gelungene Symbiose aus Scrum und UX entscheidend, um innovative und benutzerfreundliche Lösungen zu entwickeln.

Eine der zentralen Herausforderungen bei der Kombination von Scrum und UX ist die Frage, wie die Arbeit von UX-Professionals nahtlos in die Prozesse eines Scrum-Teams integriert werden kann. Im Folgenden werden wir aufzeigen, welche Rolle UX-Professionals innerhalb und außerhalb des Scrum-Teams einnehmen können und wie sie effektiv zusammenarbeiten können, um den maximalen Nutzen aus der Verbindung von Scrum und UX zu ziehen.

Arbeit von UX-Professionals im Scrum-Team

Die Integration von UX-Professionals in Scrum-Teams kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Eine gängige Praxis ist, UX-Arbeit außerhalb des Scrum-Prozesses zu erledigen und somit nicht im Product Backlog abzubilden. Diese Vorgehensweise hat jedoch den Nachteil, dass UX-Aufgaben nicht im Rahmen des agilen Entwicklungsprozesses priorisiert und abgearbeitet werden. Um Scrum und UX optimal zu verbinden, sollten aber gerade UX-Aufgaben wie beispielsweise die Entwicklung von Personas oder die Durchführung von Nutzerinterviews im Product Backlog erfasst werden. Auf diese Weise können sie gegen andere anfallende Arbeiten priorisiert und innerhalb des agilen Arbeitens angegangen werden. Bei einigen Product Backlog Items, wie beispielsweise User Stories, sollte die UX-Arbeit direkt mit als Teil der User Story eingeplant oder als separate Aufgabe vorab erledigt werden.

Damit die Integration von UX in Scrum gelingt, ist es darüber hinaus essenziell, UX-Professionals als festen Bestandteil des Teams zu betrachten. Ihre Rolle ändert sich jedoch: Statt als reine Dienstleister*innen bzw. Expert*innen für UX agieren sie nun als Befähiger*innen des gesamten Teams. Beispielsweise unterstützen sie die Teammitglieder bei der Durchführung von Usertests, wobei zwar UX-Professionals die Rolle des Interviewers bzw. der Interviewerin übernehmen können, aber alle Teammitglieder bei der Auswertung helfen sollten. Auch die Erstellung von Personas kann beispielsweise unter der Moderation von UX-Professionals als gemeinsame Teamarbeit erfolgen.

Durch diese Herangehensweise wird die Disziplin UX stärker in das Produktteam integriert, ähnlich wie es bei Themen wie Qualitätssicherung und Softwarearchitektur in vielen Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt wurde. Kritiker*innen führen oft an, dass nicht immer gleich viel UX-Arbeit anfällt. Jedoch gibt es, wie bei anderen Disziplinen wie Security oder Qualitätssicherung, Möglichkeiten, dass UX-Professionals temporär andere Themen innerhalb oder außerhalb des Teams bearbeiten können.

Entscheidend für eine gute Zusammenarbeit ist, dass der Produkterfolg als gemeinsame Teamaufgabe verstanden wird. Jedes Teammitglied bringt die eigenen individuellen Fertigkeiten ein, doch nur als Team lässt sich ein erfolgreiches und qualitativ hochwertiges Produkt entwickeln. UX-Professionals können daher beispielsweise während eines Sprints ohne viel UX-Arbeit dazu beitragen, die allgemeine Qualität des Produkts zu verbessern oder zu überprüfen, sprich bei der Qualitätssicherung helfen.

Zu beachten ist auch, dass das Product Backlog Refinement, also die kontinuierliche Pflege des Product Backlogs, einen gewissen Zeitanteil des Sprints in Anspruch nehmen sollte – erfahrungsgemäß etwa 10 % der gesamten Zeit. Wenn in einem Sprint wenig operative UX-Arbeit anfällt, können UX-Professionals dennoch das Team unterstützen, indem sie beispielsweise Product Ownern bei der Pflege des Product Backlogs helfen.

UX-Professionals außerhalb des Scrum-Teams

In Organisationen, in denen nicht genügend UX-Expertise vorhanden ist, kann es notwendig sein, UX-Professionals zwischen verschiedenen Teams zu teilen. In solchen Fällen ist es wichtig, eine klare Priorisierung der Teams oder der einzelnen Themen festzulegen, damit die UX-Professionals besser entscheiden können, welche Teams sie zuerst unterstützen. Sonst entstehen schnell Konflikte, die zu Lasten der Arbeit gehen.

Die Koordination der UX-Arbeit mit den Teams ist dabei entscheidend. Häufig wird die UX-Arbeit (User Research, Konzeption etc.) vor dem Sprint erledigt, um sicherzustellen, dass sie rechtzeitig für die Umsetzung der geplanten Aufgaben bereitsteht. Während der Vorbereitung eines Sprints sollte eine enge Zusammenarbeit zwischen Scrum-Team, UX-Professional und Product Owner stattfinden, um gemeinsam die besten Ansätze für die Umsetzung bestimmter Anforderungen zu identifizieren.

Es ist jedoch notwendig, dass UX-Professionals auch während des laufenden Sprints Zeit für das Team haben. So können sie bei Bedarf wichtige Punkte klären, die erst während der konkreten Entwicklung eines Produktmerkmals auftreten oder entdeckt werden. Durch die Zusammenarbeit von Frontend-Entwickler*innen und UX-Professionals können beispielsweise schnellere Lösungen gefunden werden, die ebenso gut wie bisher angedachte Ansätze sind. Dies ist insbesondere bei der Verwendung von technischen Frameworks relevant, die bereits eine Vielzahl an Interfaceelementen anbieten.

In solchen Situationen können UX-Professionals wertvolle Erkenntnisse und Ressourcen bereitstellen, um das Team bei der Erstellung eines benutzerfreundlichen und effizienten Designs zu unterstützen. Dabei bleibt es essenziell, dass die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten reibungslos funktioniert, um den bestmöglichen Nutzen aus der gemeinsamen Arbeit zu ziehen.

Abschluss

Zusammenfassend ist es grundsätzlich sinnvoll, jemanden mit UX-Expertise im Scrum-Team zu haben. Ein stabiles Team, das über die notwendige Expertise verfügt, tendiert dazu, bessere Leistungen zu erbringen und benutzerfreundlichere Produkte zu entwickeln. Dennoch hängt der Umfang der UX-bezogenen Arbeit stark von der Phase des Produktlebenszyklus ab, in der sich das Produkt befindet. In späteren Phasen des Produktlebenszyklus kann es vorkommen, dass weniger UX-Arbeit anfällt. In solchen Fällen ist es in Ordnung, UX-Professionals wie andere Expert*innen auch aus dem Team auszuphasen. Wenn die Rolle der UX-Professionals zuvor erfolgreich als Befähiger*innen des Teams für UX-Arbeit umgesetzt wurde, ist das Team in der Regel nach einiger Zeit in der Lage, die meisten UX-Aufgaben selbstständig und mit gelegentlicher Unterstützung durch Dritte zu bewältigen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der kontinuierlichen Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Teammitgliedern, UX-Professionals und Product Ownern. Durch die Integration von UX in Scrum können Teams innovative und benutzerfreundliche Lösungen entwickeln, die den Bedürfnissen der Anwender*innen gerecht werden und somit zum Erfolg des Produkts beitragen.

 

*Dominique Winter ist einer der Herausgeber des Podcasts "Die Produktwerker". An dieser Stelle möchten wir besonders auf die Folge "Muss ein Product Owner UX können?" (https://produktwerker.de/ux-fuer-product-owner/) verweisen, in der Dominique davon berichtet, welche Fertigkeiten ein Product Owner im Bereich UX braucht


11.05.23

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