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Ein Erleben von Sinn in der Arbeit kennt verschiedene Dimensionen. Eine davon ist, dass arbeitende Menschen einen Eindruck davon bekommen, dass ihre Arbeitsergebnisse über die einzelne Person hinausgehen (Bedürfnis „Bedeutsamkeit“) und somit zu etwas Höherem beitragen (Erlebniskategorie „Zu etwas Höherem beitragen“). Um dies zu unterstützen sollten Nutzende eine Rückmeldung darüber bekommen (Erlebniskategorie „Feedback bekommen“), wie ihre Arbeitsergebnisse über die eigene Arbeit hinaus wirksam werden. Umgesetzt werden kann dies, indem der Nutzende Kennzahlen zu einem Produkt erhält, das er entwickelt hat oder ihm angezeigt wird, wenn andere Nutzende die eigenen Arbeitsergebnisse weiterverwenden, weiterentwickeln oder in Echtzeit damit arbeiten. Durch das Sinn-Pattern können die positiven Emotionen Stolz, Freude und berraschung ausgelöst werden.

Foto von Emily Morter auf Unsplash

 

Wann sollte ich das Pattern anwenden?

  • Mehrere Personen arbeiten in einem oder mehrere Unternehmen hinweg im gleichen Tätigkeitsfeld zusammen; dabei ist es nicht relevant, ob es ortsgebunden oder ortsunabhängig ist.
  • Die Systeme der unterschiedlichen Nutzenden sind so untereinander vernetzt, dass das Verwenden von Arbeitsergebnissen (wie z.B. CAD-Modelle) nachvollziehbar ist und dargestellt werden kann.
  • Eine klare Autorenschaft für die Arbeitsergebnisse muss festlegbar sein.

Was sollte ich bei der Umsetzung beachten?

  • Zeige mithilfe einer Kennzahl, wie viele andere Personen die eigenen Arbeitsergebnisse (z. B. eine Datei) weiterverwendet haben und/oder wie oft die Arbeitsergebnisse insgesamt weiterverwendet wurden. Dazu können Kennzahlen zu einem Zeitraum, z. B. Nutzungen des letzten Tages, der letzten Woche etc. präsentiert werden (z. B. Wie viele Arbeitsergebnisse wurden gestern von anderen Personen genutzt?) oder dem Nutzenden wird angezeigt, wenn andere Nutzende gerade in Echtzeit mit dem von ihm erstellten Arbeitsergebnis arbeiten.
  • Die Kennzahlen sollten nur für die betreffende Person einsehbar sein, um keine Möglichkeit für negativ empfundenen sozialen Vergleich und empfundenem Wettbewerb zu schaffen.  
  • Platziere die Information zur Kennzahl so, dass sie jederzeit schnell aufrufbar ist.
  • Gib dem Nutzenden die Möglichkeit, die Information dann aufzurufen, wenn er sie haben möchte. Das verhindert, dass er in seinem Arbeitsablauf gestört wird.
  • Beschreibe die Arbeitsergebnisse, die weiterverwendet wurden, so genau wie möglich (z.B. mit dem genauen Dateinamen), das hilft dem Nutzenden dabei einen klaren Bezug herstellen zu können.  
  • Für ein größeres Gemeinschaftsgefühl ist die Nennung der Namen der Personen, die ein Arbeitsergebnis weiterverwenden, förderlich.  
  • Insbesondere positive Werte, die einen Fortschritt des Nutzenden zeigen, sollten hervorgehoben und zuerst präsentiert werden (z. B. ein bestimmtes Arbeitsergebnis wurde in der letzten Woche mehrmals von anderen Personen weiterverwendet).
 

Welche positiven Auswirkungen hat das Pattern?

  • Stärkung des Bezugs zu wiederverwendeter Arbeit
  • Stärkung der persönlichen Bedeutung bei der Arbeit
  • Erleben von Stolz im Hinblick auf die eigenen Leistungen
  • Erhöhung des Gemeinschaftsgefühls

Erlebniseigenschaften

Adressierte
Bedürfnisse

Erlebniskategorien Ausgelöste
Emotionen
Bedeutsamkeit

Feedback bekommen

Zu etwas Höherem beitragen

Stolz

Freude

Überraschung

 

 

Beispiele

Konzept "Tracktous"
in Zusammenarbeit mit der "Industriellen Steuerungstechnik GmbH"

Konzipiert und gestaltet von: Julia Bachert, Hannah Eberl, Natascha Lux, Nico Schlegel

Das Konzept Worksteps wurde zusammen mit dem 3D-GUIde-Partner ISG (Industrielle Steuerungstechnik GmbH) und im Rahmen ihrer Software ISG-virtuos entwickelt.  
Es wurde die grundlegende Annahme gemacht, dass die Nutzenden von ISG-virtuos miteinander vernetzt sind. So entsteht die Möglichkeit, dass Informationen über die Nutzung von in ISG-virtuos bearbeiteten CAD-Modellen im Netzwerk der Nutzenden vorhanden sind. Eine weitere Annahme besteht darin, dass jedes CAD-Modell die Informationen des Erstellers speichert und diese zum Modell dazu gehören. Weiterhin beruht das Konzept Tracktous auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Arbeit als sinnvoll erlebt wird, wenn sie einen Nutzen für andere erbringt.

 

Ein Überblick beim Starten des Programms zeigt die aktuellen Nutzungen der eigenen Modelle durch andere Nutzende. Gezeigt wird, wie viele Modelle selbst erstellt wurden (Selbstwirksamkeit) und wie oft andere Nutzende die eigenen Modelle nutzen (Bedeutsamkeit). Der Nutzende kann sich während der Ladezeit des Programms diese Zahlen anschauen, weitere Details sind dann später für ihn einsehbar.

 

 

Ein kleines Symbol in der Software zeigt die aktuellen Nutzungen der selbst erstellten Modelle an. Durch einen Klick können detailliertere Informationen abgerufen werden.  
Dort ist die Anzahl der Modelle, die Anzahl der Nutzenden und die Anzahl der Nutzungen für jedes Modell einsehbar (1). Um einen persönlichen Bezug und die Gemeinschaft zu stärken, werden zusätzlich die Namen der Nutzenden dargestellt (2). Nach Bedarf können alle Informationen auch zu einem bestimmten Modell abgefragt werden.

 

Hintergrund

Sinn in der Arbeit
Der Wunsch nach Sinn in der Arbeit steht auf Platz zwei nach dem Wunsch nach einer sicheren Arbeitsstelle (Waltersbacher, Zok, Böttger, & Klose, 2018).
Das Erleben von Sinn in der Arbeit ist nach Schnell (2018, p. 14) in vier Dimensionen eingeteilt:

  • Bedeutsamkeit (wahrgenommener Nutzen der eigenen Tätigkeit für andere)
  • Orientierung (Identifikation mit den Zielen und Werten am Arbeitsplatz an dem man arbeitet)
  • Kohärenz (Vereinbarkeit der Person mit der beruflichen Rolle hinsichtlich Kompetenzen, Persönlichkeit, Interessen und Werten)
  • Zugehörigkeit (Gefühl ein Teil eines Teams oder des Unternehmens zu sein)

Gerade die erste Dimension der Bedeutsamkeit, also die Wahrnehmung, dass das was die arbeitende Person leistet für andere Personen wichtig ist, hat einen großen Einfluss darauf, wie sinnvoll die eigene Arbeit erlebt wird (Schnell, Höge, & Pollet, 2013). Wird der Beitrag der eigenen Arbeit für andere deutlich, wird dies positiv erlebt und hat deutlich positive Auswirkungen auf die Motivation. Schnell (2018) zitiert eine Studie bei der die Leistung gegenüber einer Kontrollgruppe durch Rückmeldung über Nutzen für andere um über 240% gesteigert wurde. Das Sinn-Pattern der UX-Patterns bezieht sich genau auf diese Erkenntnis.
Insgesamt ist es also so, dass wenn die eigene Arbeit als sinnvoll erlebt wird, dies zu positiven Emotionen und zu intrinsischer Motivation führt. Somit erhält die Arbeit jenseits des reinen Erwerbs von Geld für die Person eine hohe Bedeutung (Badura, 2018).

Sinn durch Gestaltung von Software in Arbeitskontexten
Desmet und Pohlmeyer (2013) beschreiben in ihrem Framework drei Aspekte, die zum Aufblühen führen: Pleasure (Freude), personal significance (persönliche Bedeutung) und virtue (Tugend).  
Lu und Roto (2015) entwickelten auf der Basis einer zentralen Theorie zu Sinnerleben der Arbeit (Rosso, Dekas, & Wrzesniewski, 2010) Designstrategien, um bedeutungsvolle Erlebnisse bei der Arbeit zu ermöglichen. Zum Beispiel wurden Designstrategien entwickelt, die das Kompetenzerleben unterstützen und somit helfen, persönliche Bedeutung bei der Arbeit wahrzunehmen. In etwas geringerem Maße wurden auch Strategien zum Einfluss der eigenen Arbeit auf andere entwickelt.
Eng verwandt mit persönlicher Bedeutung ist das Erleben der Emotion Stolz (vgl. auch Desmet, 2012). Lu und Roto (2016) haben sich ebenfalls genauer mit der Emotion Stolz in Arbeitskontexten befasst. Dabei lässt sich auch sagen, dass ein langfristiger Einfluss auf das Erleben von Stolz der Beitrag der eigenen Arbeit für andere ist.

Studien der Hochschule der Medien
Zu dem zuvor aufgeführten Beispiel Tracktous (ISG) hat die Hochschule der Medien Studien zum Erleben dieses Konzeptes durchgeführt. Als Ergebnis kann gesagt werden, dass Nutzende von Tracktous dieses außerordentlich positiv bewerten. Die Studie wurde mit 12 Ingenieurstudierenden durchgeführt, die insgesamt 30 Erlebnisse hatten. Davon waren 28 positive und zwei negative emotionale Erlebnisse. Nach Aussagen aus Interviews wurde positiv erlebt, dass der Nutzen für andere deutlich wird, man das Gefühl hat, einen Beitrag zu etwas Höherem zu leisten, die Zusammenarbeit deutlich wird und der Fortschritt sichtbar. Die zwei negativen Erlebnisse hatten ihre Ursache in Befürchtungen, dass solche Rückmeldungen zu sozialem Vergleich führen können und die Arbeitsergebnisse einer anderen Person vielleicht häufiger genutzt werden als die eigenen. Wie bei dem UX-Pattern zum Bedanken (siehe "Danke-Pattern") wird hier deutlich, dass schon befürchteter sozialer Vergleich zu negativen Erlebnissen führt. 

 

Literatur

Badura, B. (2018). Über sinnstiftende Arbeit. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose, & M. Meyer (Eds.), Fehlzeiten-Report 2018(pp. 1–10). Berlin: Springer.

Desmet, P. M. A. (2012). Faces of Product Pleasure: 25 Positive Emotions in Human-Product Interactions. International Journal of Design, 6(2), 1–29.

Desmet, P. M. A., & Pohlmeyer, A. E. (2013). Positive Design: An Introduction to Design for Subjective Well-Being. International Journal of Design; Vol 7, No 3 (2013), 7(3), 5–19. Retrieved from http://www.ijdesign.org/ojs/index.php/IJDesign/article/view/1666/595

Lu, Y., & Roto, V. (2015). Evoking meaningful experiences at work –a positive design framework for work tools. Journal of Engineering Design, 0(0), 1–22. http://doi.org/10.1080/09544828.2015.1041461

Lu, Y., & Roto, V. (2016). Design for Pride in the Workplace. Psychology of Well-Being, 6(1), 6. http://doi.org/10.1186/s13612-016-0041-7

Rosso, B. D., Dekas, K. H., & Wrzesniewski, A. (2010). On the meaning of work: A theoretical integration andreview. Research in Organizational Behavior, 30(C), 91–127. http://doi.org/10.1016/j.riob.2010.09.001

Schnell, T. (2018). Vom Lebenssinn und Sinn in der Arbeit. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose, & M. Meyer (Eds.), Fehlzeiten-Report 2018(pp. 11–21). Berlin: Srpinger.

Schnell, T., Höge, T., & Pollet, E. (2013). Predicting meaning in work: Theory, data, implications. The Journal of Positive Psychology, 8(6), 543–554. http://doi.org/10.1080/17439760.2013.830763

Waltersbacher, A., Zok, K., Böttger, S. J., & Klose, J. (2018). Sinnerleben bei der Arbeit und der Einfluss auf die Gesundheit. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose, & M. Meyer (Eds.), Fehlzeiten-Report 2018(pp. 23–46). Berlin: Springer.

 
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